Die Flügel, mein Engel, zerreiß ich dir by Giébel Karine

Die Flügel, mein Engel, zerreiß ich dir by Giébel Karine

Autor:Giébel, Karine
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Berlin Verlag
veröffentlicht: 2014-08-06T00:00:00+00:00


EIN neuer Spieler ist auf das Feld gekommen, drängt sich in unsere Partie.

Jetzt glaubst du, du wärest gerettet. Du hoffst, einen Verbündeten im Kampf gegen mich gefunden zu haben …

Doch wieder täuschst du dich, mein Engel.

Nichts und niemand wird sich zwischen uns stellen.

Das schwöre ich dir.

Bei dieser Partie gibt es nur zwei Spieler. Nur dich und mich.

Möge der Bessere gewinnen.

Und der Bessere bin ich.

KAPITEL 34

Gomez sitzt im Wohnzimmer, ein Kaffee und eine Zigarette als einzige Gesellschaft, und studiert noch einmal die Anzeigen, die ihm sein alter Freund am Vormittag gegeben hat.

Laura Paoli, die mysteriöse Beschwerdeführerin, hatte vier Mal Anzeige erstattet, außerdem gibt es zwei Aktennotizen. Die Fakten liegen etwa vierzehn Monate zurück. Damals war Laura zum ersten Mal auf einem Polizeirevier im Département Yvelines erschienen.

Die Fakten … Ein Mann, der ihr zu Fuß oder mit dem Wagen auf der Straße folgt. Ein Mann, den sie nicht genau beschreiben kann. Der es so einrichtet, dass sie ihn immer nur flüchtig wahrnimmt.

Ganz in Schwarz gekleidet, eher groß.

Eher schlank, so die Beschreibung.

Gegenstände, die in ihrer Abwesenheit, oder während sie schläft, in ihrer Wohnung umgestellt werden. Andere, die verschwinden und einige Tage später auf mysteriöse Weise wieder auftauchen. Erst wird der Strom abgeschaltet, dann das Telefon.

Kein Zweifel, diese Laura Paoli hat durchgemacht, was Cloé Beauchamp jetzt gerade durchlebt.

Ein Remake desselben Martyriums.

Darum ist es wichtig zu wissen, wie die Geschichte ausgegangen ist. Darüber gibt die Akte keine Auskunft. Denn es wurden nie ernsthafte Ermittlungen eingeleitet. Alle Anzeigen sind nur abgeheftet und archiviert worden.

Doch Gomez glaubt nicht an ein Happy End – dafür ist sein natürlicher Hang zum Pessimismus einfach zu ausgeprägt.

Er schließt die Mappe und lehnt sich zurück. Die Zigarette verqualmt im Aschenbecher, der Kaffee wird kalt.

Er weiß schon, welches Programm morgen auf der Tagesordnung steht. Er muss diese Laura Paoli finden, sofern sie nicht in irgendein wildes, weit entferntes Land geflüchtet ist, und sie befragen. Gemeinsamkeiten zwischen der dreißigjährigen Junggesellin, die allein mit ihren Katzen lebt, und Cloé Beauchamp finden.

Die beiden sind weder gleich alt, noch üben sie denselben Beruf aus oder gehören derselben sozialen Schicht an, denn Laura arbeitete damals in einem Supermarkt. Eine Kassiererin gegen die zukünftige Generaldirektorin einer großen Werbeagentur …

Alexandre hätte gerne ein Foto von Laura, um zu sehen, ob sie genauso hübsch ist wie Cloé.

Cloé … Deren Bild er nicht aus seinem Kopf zu vertreiben vermag. Deren Bild sich wie eine Blaupause über das seiner geliebten Verstorbenen legt.

Er versucht nicht, die Tränen zurückzuhalten.

Eine Urne voller Asche. Das ist alles, was von dir geblieben ist. Was von uns geblieben ist.

Asche, die ich in meinem Mund, in der Kehle zu spüren meine. Die die ganze Welt mit einem ekelhaften grauen Schleier bedeckt. Die mir den Geschmack an den Dingen, am Leben nimmt. Die von Tag zu Tag mehr Patina ansetzt.

Weil ich mich an deine Abwesenheit gewöhne. Weil ich Angst habe zu vergessen, wer du warst. Und wer ich wirklich bin.

Ohne dich bin ich wirklich nichts.

* * *

Cloé legt auf, wartet kurz und wählt die Nummer erneut. Sie weiß, dass er nicht abhebt, denn sein Handy ist offenbar ausgeschaltet.



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